Haushaltsrede 2021
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Bulander,
sehr geehrter Herr Bürgermeister Gönner,
sehr geehrte Frau Bernhard,
sehr geehrter Herr Hoffmann,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
meine Damen und Herren,
Auch dieses Jahr wiederhole ich das jährliche wiederkehrende Mantra der FWV:
Finanzen im Blick behalten, Ausgaben abwägen, Investitionen tätigen.
Doch lassen Sie mich ein bisschen ausholen:
Haushalte basieren fast immer auf der Entwicklung der Vorjahre.
So konnten wir 2020 noch von den guten Haushaltsjahren 2018/2019 profitieren, trotz der Corona Pandemie, die uns unerwartet getroffen hat.
Werfen wir einen Blick zurück auf das Haushaltsjahr 2020, zum einen, weil die Kommune bis jetzt die Situation relativ gut überstanden hat, zum anderen stellt sich die Frage, wie geht es weiter?
Die wirtschaftliche Entwicklung mit all ihren Facetten hat einen großen Einfluss auf die städtischen Finanzen.
Die weltweiten Aktienindizes, welche unter anderem die Zukunft der Wirtschaft abbilden, erreichten im Februar 2020 teilweise neue Höchststände und stürzten dann in kürzester Zeit Mitte März um bis zu 35 Prozent ab. Um die Wirtschaft zu stützen, haben die EU, der Bund und auch die Bundesländer Hilfsprogramme in schwindelerregender Höhe aufgelegt, z.B. das Kurzarbeitergeld oder die sogenannte Soforthilfe für Unternehmer und Selbstständige. Die Refinanzierung dieser Rettungsmaßnahmen ist noch offen, sicher ist jedoch, dass sie sich auf die städtische Finanzlage in Zukunft auswirken wird.
Die im Deutschen Aktienindex notierten Wirtschaftsunternehmen erholten sich kontinuierlich und dieser erreichte im Dezember 2020 sogar ein neues Allzeithoch. Aber die Aktienkurse oder besser gesagt die Firmen, welche in den Indizes vertreten sind, bilden nur einen Teil der Wirtschaft ab. Viele Einzelhändler, nicht systemrelevante Betriebe, Gaststättenbetreiber und Kulturschaffende, auch hier in Mössingen, leiden unter dem Lockdown und seinen Folgen, vor allem auch, weil die zweite Welle zurzeit die Erholung zunichte macht.
Deshalb der Appell an uns alle: Unterstützen wir weiterhin die Einzelhändler vor Ort, sodass wir auch nach Corona und der Innenstadtsanierung eine mit Leben gefüllte Stadtmitte besuchen können.
Um den Einzelhandel in dem betroffenen Bauabschnitt nur einmal zu belasten, wurde im Frühjahr die Sanierung der Falltorstraße in Absprache mit dem HGV vorgezogen. Auf diese Weise wurde die Zeit, während der die Einzelhandelsgeschäfte geschlossen waren, für Bauarbeiten sinnvoll genutzt.
Die Pandemie trifft die ganze Gesellschaft und ihre Strukturen: Berufsgruppen, Familien, kranke und alte Menschen, Vereine und Kirchen.
Trotz allem zeigte sich in Mössingen, dass eine Gesellschaft, die in Krisenzeiten zusammenhält, viel Gutes bewirken kann. Nach einer anfänglichen Schockstarre begannen viele Menschen kreativ zu werden und Lösungen zu suchen. Freiwillige setzten sich für ihre Mitmenschen ein, indem sie selbstverständlich Einkäufe und Botengänge übernahmen oder auf andere vielfältige Weise Unterstützung leisteten.
Die Stadtverwaltung bildete einen Krisenstab, der sehr gute Arbeit leistete. Die von Bund und Land verabschiedeten Maßnahmen, um das Virus einzudämmen, wurden und mussten in kürzester Zeit geplant und umgesetzt werden. Denken wir nur an die vielen Corona-Verordnungen in den Kindertagesstätten und den Schulen, die über das Wochenende in Kraft traten.
Leider konnten trotz aller ergriffenen Maßnahmen nicht alle Menschen geschützt werden und auch bei uns in Mössingen gab es Tote zu beklagen.
Nach einer den Umständen entsprechend entspannten Sommerzeit stiegen ab September die Corona Fallzahlen wieder an, der „Lockdown Light“ begann am 2. November. Seither kamen immer wieder neue Einschränkungen dazu. Zurzeit befinden wir uns in einer schwierigen Phase und können die gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Folgen der Pandemie noch nicht absehen.
Wie bereits erwähnt, ist unsere Stadt 2020 finanziell noch einmal davongekommen, auch wenn der Gemeinderat im November einen Nachtragshaushalt genehmigen musste. Mindereinnahmen, die durch reduzierte Einnahmen der Gewerbesteuer oder ausgefallene Kitagebühren entstanden sind, wurden durch Kompensationsleistungen des Bundes und des Landes größtenteils aufgefangen, um die Kommunen handlungsfähig zu halten.
Selbst wenn man die Pandemie im Laufe des Jahres durch Impfen und Schutzmaßnahmen in den Griff bekommen sollte, muss ein Defizit an Steuereinnahmen und Gebühren 2021 ausgeglichen werden. Offen ist auch, ob und wie Bund und Land dieses Jahr Finanzausfälle ausgleichen werden. Sicher ist jedoch, dass sich die Finanzzuweisungen etwas erhöhen, da für die Berechnung das gute Wirtschaftsjahr 2019 herangezogen wird und sich der Verteilerschlüssel für Mössingen positiv ändert.
Trotz der finanziell unsicheren Lage wurden in Mössingen 2020 etliche Projekte in Angriff genommen, die auch im Jahre 2021 weiterentwickelt und umgesetzt werden.
Ein paar Beispiele:
- Im Sommer stellte der Investor BPD seine Pläne zur Quartiersentwicklung auf dem ehemaligen Höckle Areal in einer öffentlichen Sitzung des Gemeinderats vor. Da eine öffentliche Begehung vor Ort nicht möglich war, wurde seitens der Stadtverwaltung im November ein virtueller Rundgang angeboten.
- Viel Zuspruch bekam auch der Beschluss, einen Sportstättendialog abzuhalten. Mitglieder der Sport treibenden Vereine, Schulen, Gemeinderatsmitglieder aus allen Fraktionen und die Stadtverwaltung diskutieren über Raumbedarfe der verschiedenen Gruppen.
- Wie schon erwähnt, macht die Innenstadtentwicklung Fortschritte. Hier wäre noch die Eröffnung der neuen Regionaldirektion der Kreissparkasse zum Jahresende zu erwähnen.
- GSW und Kreisbau planen in Bästenhardt zwei größere Bauprojekte, bei denen auch sozialer Wohnraum entsteht. Auch wenn die Interessen von Investoren und Nachbarn teilweise noch auseinandergehen, hoffen wir, dass die Planungen und Baumaßnahmen gütlich und zügig weitergehen können. Hauptsächlich die geförderten Wohnungen werden dringend benötigt. Die FWV begrüßt Bauprojekte, bei denen keine zusätzlichen Außenflächen benötigt werden. Dadurch wird der Landschafts- und Ressourcenverbrauch minimiert.
- Trotzdem gilt es auch die Interessen der privaten Bauwilligen zu berücksichtigen. So sollte dieses Jahr der Beschleunigte Wohnungsbau nach §13b umgesetzt werden.
- Eine erfreuliche Überraschung war die Genehmigung eines Zuschusses für die Umgestaltung des Mühlengärtle in Höhe von 747.000 Euro.
- In Öschingen wurde die Initiative „Lebenswertes Öschingen“ mit dem Ziel, Strukturen aufzubauen, die ermöglichen, dass ältere Menschen länger in ihren eigenen Wohnungen bleiben können, gegründet. Durch die Zusammenarbeit mit dem Netzwerk „Miteinander in Mössingen“ wird das Projekt mit 85.000 Euro vom Landesprogramm Quartiersimpulse gefördert.
- In Talheim wurde im Mai das Baugebiet Kreuzstraße/Höfle nach einer beeindruckend kurzen Planung und Bauzeit fertiggestellt. Alle Baugrundstücke sind veräußert und zwei Einfamilienhäuser bereits erstellt.
- Die Geschwindigkeitsbeschränkung der Steinlachstraße im oberen Bereich wurde im Juli genehmigt, die Umsetzung erfolgte zügig. Nun gilt im ganzen Einbahnring Tempo 30.
- Zum Klimaschutz planen die Stadtwerke Mössingen 2021 den Einstieg in eine Wärmeplanung für die Gesamtstadt Mössingen. Dies begrüßt die FWV ausdrücklich, da sie schon im Haushalt 2018 beantragte, die Mittel für eine Machbarkeitsstudie zur Nahwärmeversorgung bereitzustellen. Die Ergebnisse der durchgeführten Studie werden nun in die Wärmeplanung mit einbezogen.
In Öschingen werden folgende schon seit Langem notwendigen Projekte geplant und umgesetzt:
- Die Umbauarbeiten im Öschinger Laden sind im vollen Gange und kommen gut voran.
- Zurzeit wird die Aussegnungshalle in Öschingen saniert. Witterungsbedingt ruhen momentan die Arbeiten. Im Haushalt sind weitere Mittel für dieses Jahr eingestellt.
- Im Haushalt eingestellt und in Planung ist die Generalsanierung der Filsenbergschule. Im Rahmen der Schulbauförderung wurden leider nicht die erhofften Fördermittel in Höhe von 1,648 Millionen Euro sondern nur 573.000 Euro genehmigt, hinzu kommen aus dem Ausgleichsstock noch 330.000 Euro. Zurzeit wird von der Verwaltung geprüft, ob noch weitere Zuschüsse generiert werden können.
Auch in Talheim tut sich was:
- Im Dezember beschloss der Gemeinderat, dass im Fachklassentrakt der Andeckschule eine Kindergartengruppe eingerichtet wird. Die Umbaumaßnahmen sind im vollen Gange und die Talheimer können sich freuen, dass schon in wenigen Wochen die Einweihung gefeiert werden kann und die Kindergartenplatzsituation sich entspannt.
Im Jahr 2021 sind über 11 Millionen Euro an Investitionen geplant. Über 40 Prozent davon fließen in die Bereiche Bildung und Erziehung. Des Weiteren wird in die Stadtentwicklung wie Innenstadtsanierung, Infrastruktur und Verkehrsanlagen investiert. Den aktuellen Fehlbetrag im Haushalt von 2,7 Millionen Euro plus 1 Million Euro Vorauszahlung auf das Betriebsdefizit der Stadtwerke werden in diesem Jahr noch aus Rücklagen ausgeglichen. Aktuell sind noch keine Kreditaufnahmen vorgesehen. Um die im Haushalt bereits eingestellten Investitionen angesichts der zu erwartenden Defizite der nächsten Jahre auch tatsächlich realisieren zu können, stellt die FWV keine weiteren Haushaltsanträge. Die Folgen der Pandemie werden wohl erst ab dem Jahr 2022 deutlicher sichtbar, denn dann werden die Zuwendungen aus den gesunkenen Steuereinnahmen des Bundes vom Jahr 2020 berechnet. Kreditaufnahmen sind eingeplant.
Schon im letzen Jahr habe ich beschrieben, wie belastend ein Investitionsstau für die kommende Generation ist. Trotz der angespannten finanziellen Lage, müssen Unterhaltsmaßnahmen dringend durchgeführt werden. Die FWV setzt sich dafür ein, dass Investitionen in Bildung und Erziehung, Infrastruktur und Klimaschutz nicht nur in den Haushalt eingestellt, sondern auch getätigt werden. Unterschiedliche Bedürfnisse und Interessen der Bürger:innen abwägen, die finanziellen Mittel sinnvoll und möglichst gerecht zu verteilen, fordert uns als Gremium der gesamten Stadt heraus. Leider müssen wir demokratisch Entscheidungen treffen, die für einzelne Bürger:innen Nachteile bringen können. Bleiben Sie mit uns im Gespräch.
Meine Damen und Herren, obwohl wir sicher keine einfache Zeit vor uns haben, lassen Sie uns gemeinsam die Herausforderungen dieses Jahres anpacken.
Unser Dank gilt allen, die an der Aufstellung des Haushalts 2021 mitgewirkt haben. Vor allem Ihnen Frau Bernhard mit Ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern.
Ihnen Herrn Hoffmann und Ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern danken wir für die Aufstellung der Wirtschaftspläne der Eigenbetriebe.
Bei der „Raschelrunde“ am 12. Dezember 2020 konnten viele Fragen zum Haushalt geklärt werden. Dafür bedanken wir uns herzlich bei
Ihnen, Herr Oberbürgermeister Bulander
Ihnen, Herr Bürgermeister Gönner und
Ihnen, Frau Bernhard.
Ich wünsche uns allen für heute Abend eine gute Haushaltsberatung.
Für die FWV-Fraktion
Wilfried Kuppler