Haushaltsrede 2024

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Bulander,
sehr geehrter Herr Bürgermeister Gönner,
sehr geehrte Frau Bernhard,
sehr geehrter Herr Hoffmann,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
meine Damen und Herren,

in Ihrer Haushaltsrede und in Ihrer Rede zum Jahresabschluss haben Sie, Herr Oberbürgermeister Bulander, die schlechte finanzielle Situation der Stadt detailliert und umfassend beschrieben. Ich zitiere: „Der diesjährige Haushaltsentwurf ist der seit Jahren am schwierigsten aufzustellenden Haushalt gewesen.“ Und Sie sagten sinngemäß, dass etliche Investitionen auf die folgenden Jahre geschoben werden müssen, damit der Haushalt gesetzeskonform aufgestellt werden könne.

In diesem Dilemma, dass geplante Investitionen geschoben werden müssen, befinden wir uns schon seit Jahren und wie von Ihnen beschrieben, spitzt sich die Situation zu:
Wie schon im letzten Jahr möchte ich betonen, dass wir jedes Jahr wichtige Investitionen und Sanierungsvorhaben notgedrungen vor uns herschieben. Dadurch entsteht langsam eine Bugwelle maroder Infrastruktur, die zum Beispiel im Straßenbau sichtbar wird. Auch in diesem Jahr liegen die Ausgaben mit 950.000 Euro um ca. 500.000 Euro unter der 2018 in einem Straßenbestands- und Zustandsbericht empfohlenen Investition von 1,5 Mio. Euro jährlich, um den Straßenzustand zu halten. Dabei müssen zu den fehlenden Investitionsbeträgen noch die Kostensteigerungen der letzten Jahre dazugerechnet werden. Zusätzlich steigen die Anforderungen, die an unsere Infrastruktur gestellt werden, wie zum Beispiel die Zunahme des Verkehrs, der Ausbau des Stromnetzes, der Ausbau des Telekommunikationsnetzes und verstärkte Sanierung des Wasser- und Abwasserleitungsnetzes. Investitionshemmend wirken zusätzlich die ausufernde Bürokratie und der Fachkräftemangel. Laut Verwaltung tragen diese Probleme mit dazu bei, dass wichtige Vorhaben nicht in Angriff genommen werden können. Die Verwaltung sollte versuchen, die aktuell schwierige Situation im Baugewerbe auszunutzen und kleinere Projekte, die eventuell nicht ausgeschrieben werden müssen, unter einigermaßen günstigen Bedingungen zu vergeben.

Nun möchte ich auf einige enorm belastende Posten des Haushalts hinweisen:

  • Die Personalkosten steigen vor allem wegen hoher Tarifabschlüsse von 2022 bis 2024 jährlich um ca. 11%, die Sachkosten erhöhen sich vor allem inflationsbedingt um fast 10%.
  • Die zu zahlende Kreisumlage steigt dieses Jahr um ca. 2,35 Mio. Euro auf über 11,1 Mio. Euro.
  • Bei der Gewerbesteuer wird ein Rückgang von 10,7 Mio. auf 9,8 Mio. Euro erwartet.
  • Zwar erhöhen sich die Einnahmen von Zuweisungen, Zuwendungen und Umlagen von 23,25 Mio. Euro auf knapp 25,1 Mio. Euro, doch leider gleichen diese die wachsenden Ausgaben nicht aus.
  • Noch nicht zu beziffern sind die Folgekosten des Cyber-Angriffs, der die Infrastruktur der Stadtverwaltung im November 2023 lahmlegte. Noch schlimmeres konnte durch das sofortige Eingreifen des IT-Teams verhindert werden. Ein herzliches Dankeschön an die IT-Abteilung und allen an der Aufarbeitung und Behebung der Folgen dieses Cyberangriffes beteiligten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter!

Enger werden könnte der finanzielle Spielraum der Stadt auch wegen der zurzeit schwächelnden Volkswirtschaft. Beim Wirtschaftswachstum rutschten wir europaweit im Winterhalbjahr auf einen der hinteren Plätze ab und bewegen uns im Bereich einer Rezession. So lagen die Steuereinnahmen von Baden-Württemberg letztes Jahr deutlich unter denen von 2022. Zitat Südwest-Presse: „Diese Deckungslücke werde sich durch die Inflation und den Tarifabschluss im öffentlichen Dienst noch vergrößern. “Zum Glück hat sich die Inflation vor allem wegen sinkender Energiepreise von Januar bis Dezember letzten Jahres deutlich abgeschwächt. Sie liegt aber aktuell mit 3,7% immer noch deutlich über dem Ziel der EZB von 2%. Höhere Zinsen sowie Kaufkraftverlust sind die Folgen.

Schlechte Finanzierungsbedingungen und vor allem hohe Baukosten haben sich in der Zahl der Baugenehmigungen deutschlandweit für den Haus- und Wohnungsbau in den ersten drei Quartalen 2023 gegenüber 2022 stark niedergeschlagen. In Zahlen ausgedrückt bedeutet dies ein Minus von

  • 38% bei Einfamilienhäusern
  • 51% bei Zweifamilienhäusern
  • 27% bei Mehrfamilienhäusern.

Wie bereits in meiner Haushaltsrede im letzten Jahr beschrieben, sieht die Situation im Sozialen Wohnungsbau düster aus. Von dem Ziel deutschlandweit 100.000 Wohnungen jährlich zu bauen wurde nur ca. ein Viertel verwirklicht. Eine Studie die letzte Woche veröffentlicht wurde belegt, dass aktuell in Baden-Württemberg 200.000 Sozialwohnungen fehlen.

Investoren, die in der Butzenbadstraße und auf dem Hoeckle-Areal unter anderem auch bezahlbare und sozial geförderte Wohnungen bauen wollen, warten zurzeit ab.

Vor 2-3 Jahren war es noch unvorstellbar, dass von einem erschlossenen Baugebiet, wie zum Beispiel dem Gebiet Reute in Öschingen, keine Bauplätze einen Käufer gefunden haben. Hier wird die große Unsicherheit der eigentlich Bauwilligen sichtbar. EU-weit liegt Deutschland beim Wohnen in den eigenen vier Wänden auf dem letzten Platz. Schade, denn Wohneigentum schützt vor Alters- und vererbter Armut.

Hierzu müssen wir uns über kurz oder lang auch folgende Fragen stellen: Wie soll Mössingen in der Zukunft aussehen? In welche Richtung möchten wir die Entwicklung lenken? Wie stark soll, kann, muss oder will Mössingen noch wachsen? Die Beantwortung dieser Fragen ist sicher nicht einfach, weil sie sehr weitreichende Punkte betrifft wie z. B. der Flächenverbrauch, der Ausbau von Infrastruktur in allen Bereichen und vieles mehr.

Auch folgende Themen und Fragen wirken in die Haushaltsplanung und Finanzierung der geplanten Investitionen einer Stadt hinein:
Die Spannungen zwischen einzelnen Staaten und Bündnissen nehmen zu. Über die Verteidigungsfähigkeit Deutschlands wird diskutiert. Wer wird der nächste Präsident in den USA? Welche Rolle wird Europa in der Zukunft übernehmen? Auf welche Stimmen hören die Wählerinnen und Wähler? Es entstanden und entstehen immer neue Fluchtbewegungen. Teile der Bevölkerung spüren kein Vertrauen in die Bundespolitik, dieser wird mangelnde Verlässlichkeit vorgeworfen. Die Stimmen der Unzufriedenen, die ausschließlich nur das Schlechte in unserem Land sehen und eine negative Stimmung verbreiten, sind laut. Es stellt sich die Frage: „Wie stabil sind die Demokratien?“ Erfreulicherweise gehen viele Menschen auf die Straße um aktiv für demokratische Werte einzustehen.

Trotz der Herausforderungen unserer Zeit investieren wir in die Zukunft:
Damit Mössingen für die Zukunft attraktiv bleibt, sind im städtischen Haushalt von rund 14,6 Mio. Euro an Investitionsvolumen 9,15 Mio. Euro für den Hochbau veranschlagt. Davon wiederum werden 87,7% bzw. über 8 Mio. Euro für Bildung, Betreuung und Sport ausgegeben. Denn Investitionen in Bildung und Betreuung bedeuten Investitionen für unsere Kinder, Investitionen in eine positive Zukunft unserer Stadt.

Zum Beispiel:

  • Neubau Kindertagesstätte Hinter Höfen
  • Die Generalsanierung der Filsenbergschule in Öschingen.
  • Verschiedene Sanierungen im Quenstedt-Gymnasium
  • Bau von zwei Obdach- und Flüchtlingsunterkünften in Belsen
  • Planung einer neuen Sporthalle: Sie können die Modelle bis 4.Februar  gerne im Ausstellungsraum der Tonnenhalle besichtigen.
  • Planungswettbewerb für das Stadtteilzentrum Bästenhardt

Für den Tiefbau werden ca. 3,6 Mio. Euro ausgegeben.

Die zwei wichtigsten Investitionen sind:

  • Brückenerneuerung Ernwiesen
  • Straßenbaumaßnahmen

Kommen wir nun zu einem Ausblick auf das laufende Jahr:

  • Wir feiern 1250 Jahre Mössingen und 50 Jahre Stadt Mössingen. Ins Jubiläumsjahr gestartet wurde am 05.01.2024 mit einem sehr gelungenen Festakt. Im Laufe des Jahres gibt es noch viele Möglichkeiten um gemeinsam zu feiern!
  • Im Juni finden Kommunalwahlen statt. Alle Fraktionen sind auf der Suche nach Kandidatinnen und Kandidaten, die bereit sind sich aufstellen zu lassen und Verantwortung zu übernehmen. Haben Sie Mut und gestalten Sie mit!
  • Dieses Jahr muss der Hebesatz für die neue Grundsteuer so festgesetzt werden, dass die Einnahmen für die Kommunen sich unwesentlich verändern. Doch bei den einzelnen Wohn- und Nutzungsformen können sich durch die veränderten und gesetzlich vorgegebenen Bewertungsgrundlagen durchaus große Beitragsveränderungen für einzelne Mitbürgerinnen und Mitbürger ergeben. Wir von der FWV werden hier unser Möglichstes tun, regulierend zu wirken.

Wie jedes Jahr wird einer der wichtigsten Posten auf der Habenseite im Haushalt nicht eingestellt, da wir ihn nicht in Zahlen messen können. Es ist die unschätzbar wertvolle Arbeit, welche im Ehrenamt geleistet wird. Ich möchte mich bei allen Bürgerinnen und Bürgern herzlich bedanken, die sich an den unterschiedlichsten Orten und auf unterschiedlichste Weise in unserer Stadt engagieren.

Danke an alle, die an der Aufstellung des Haushalts 2024 mitgewirkt haben. Vor allem Ihnen Frau Bernhard mit Ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern.
Ihnen Herrn Hoffmann und Ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern danken wir für die Aufstellung der Wirtschaftspläne der Eigenbetriebe.
Bei der „Raschelrunde“ am 05. Dezember 2023 konnte manche Frage zum Haushalt geklärt werden. Dafür bedanken wir uns herzlich bei  

Ihnen, Herr Oberbürgermeister Bulander,
Ihnen, Herr Bürgermeister Gönner,
Ihnen, Frau Bernhard und
Ihnen, Herr Hoffmann.

Ich wünsche uns allen für heute Abend eine gute Haushaltsberatung, weise Entscheidungen und dass wir uns nicht entmutigen lassen.


Für die FWV-Fraktion
Wilfried Kuppler

 

Haushaltsanträge der FWV-Fraktion für das Jahr Haushaltsjahr 2024

Viele Kommunen können dieses Jahr keinen ausgeglichenen Haushalt aufweisen. Dazu gehört leider auch Mössingen. Deshalb stellt die FWV wie bereits seit einigen Jahren nur Anträge die entweder den Haushalt wenig belasten oder Einsparungen vorsehen.

Antrag 1: Beteiligung umliegender Gemeinden an den Kosten der Schulsanierungen

Die Verwaltung soll prüfen, ob mit umliegenden Gemeinden eine öffentlich-rechtliche Vereinbarung zur Beteiligung dieser an den Sanierungskosten der Friedrich-List- Gemeinschaftsschule, des Quenstedt-Gymnasiums und ggf. weiterer Schulen getroffen werden kann. Nach § 31 Schulgesetz ist das möglich Sollte der Abschluss einer öffentlich-rechtlichen Vereinbarung nicht möglich sein oder gelingen, so soll die Verwaltung beim Ministerium für Kultur, Jugend und Sport einen Antrag auf Feststellung einer Rechtspflicht zum Abschluss einer solchen öffentlich-rechtlichen Vereinbarung stellen.

Begründung:
Bisher hat die Schulstadt Mössingen alle Kosten für den Bau, Sanierung und Unterhalt dieser Schulen ohne Beteiligung der umliegenden Gemeinden getragen. Durch die Weiterentwicklung und Änderungen in der Schulpolitik und den Vorschriften steigen die Sanierungskosten erheblich, ein Ende der Kostensteigerungen ist nicht abzusehen. Da viele Schülerinnen und Schüler aus den umliegenden Gemeinden Schulen in Mössingen besuchen, sollen sich die umliegenden Gemeinden anteilig an den Kosten beteiligen. Außerdem ist für die Zuweisung von Zuschüssen aus dem Ausgleichstock oder anderen Fördertöpfen der Nachweis erforderlich, dass die Kommune ihre Einnahmemöglichkeit ausschöpft.

Antrag 2: Aufstellen einer Gedenktafel für Kriegsgefangene und Ukrainische Zwangsarbeiterinnen in Mössingen während des 2. Weltkriegs

Da ukrainische Zwangsarbeiterinnen von1941 bis zum Ende des 2.Weltkrieges in einer Baracke im Mühlegärtle untergebracht waren beantragen wir im Zuge der Neugestaltung des Mühlegärtle eine Gedenktafel bzw. einen Gedenkstein anzubringen oder aufzustellen.

Antrag 3: Sondergrabfeld Friedhof Belsen

Im Haushalt sind für ein Stele-Grabfeld auf dem Belsener Friedhof dieses Jahr 8000 € Planungskosten eingestellt.
Die FWV stellt zusätzlich den Antrag die Fertigstellung dieses Sondergrabfeldes bis Ende 2024 umzusetzen.

Finanzielle Auswirkung: Durch die Belegungen dieses Sondergrabfeldes amortisieren sich die anfänglichen Ausgaben der Stadt durch die Gebühren, welche eingenommen werden.

Begründung: Belsener Bürger haben ein Stele-Grabfeld schon seit Jahren mehrfach bei der Stadtverwaltung angefragt, zuletzt auch bei einer Bürgerfragestunde im Gemeinderat. Dies zeigt die Notwendigkeit und die große Nachfrage ein Stele- Grabfeld auf dem Friedhof in Belsen anzulegen.
Nun sollte dieses Bestattungsmöglichkeit endlich, wie auf den anderen Friedhöfen der Gemarkung Mössingen, verwirklicht werden.

Antrag 4: Prüfung/Zurückstellung der „Erneuerung Heizungsanlage altes Schulhaus in Talheim“

Die Verwaltung möge vor der Erneuerung der Heizungsanlage prüfen, ob ein kleines Nahwärmenetz „Silcherstr./Steinlachstr.“ machbar ist.

Begründung:

Die umliegenden Gebäude sind alle älteren Baujahres, so auch deren Heizungen. Das direkt angrenzende Haus Steinlachstr.32 sollte als städtisches Gebäude mit in Betracht gezogen werden.

Wir sehen die Investitionssumme von 117.000 € - die ggf. dem unklaren Heizungsgesetz geschuldet ist - ohne genauere Angaben kritisch und würden diese bis zur Klärung zurückstellen.

Des Weiteren beantragen wir, zukünftig bei allen Heizungserneuerungen in städtischen Gebäuden das Umfeld dahingehend zu prüfen, ob ein Nahwärmenetz machbar und sinnvoll ist.

Anfragen

Anfrage zu Mieten und Pachten:

Die Einnahmen aus Mieten und Pachten sind von 721.265 € im Jahr 2022 auf 615000 € im Jahr 2023 gesunken und sind jetzt für 2024 mit 666.000 € veranschlagt.

Woher kommt dieser Rückgang? Wird der Aufforderung der Rechnungsprüfungsanstalt auf Erhöhung von Mieten und Pachten nachgegangen?

Auch hier gilt, dass für die Zuweisung von Zuschüssen aus dem Ausgleichsstock oder anderen Fördertöpfen der Nachweis erforderlich ist, dass die Kommune ihre Einnahmemöglichkeiten ausschöpft.

Anfrage zum Stand der Gespräche mit dem Tageselternverein:

Letztes Jahr im Juni stellte der Tageselternverein seine Arbeit in einer Gemeinderatssitzung vor. Es wurde deutlich, dass die Tageseltern einen nicht zu unterschätzenden Beitrag einer funktionierenden Kinderbetreuung leisten. Die Bezahlung der Tageseltern wird über den Landkreis abgewickelt. Einige Kommunen bezuschussen den Tageselternverein zusätzlich. Die Verwaltung erklärte damals, dass sie Gespräche mit dem Tageselternverein über eine Bezuschussung führen werde.

Gibt es schon Ergebnisse?